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Entstehungsgeschichte

Von der Eiszeit….

 

Das Peenetal entstand vor ca. 10.000 Jahren am Ende der Weichsel-Eiszeit als Schmelzwasserrinne abtauender Gletscher im Bereich der heutigen Ostsee und des Oderhaffs. Damals bahnten sich gewaltige Wassermassen aus dem Großen Haff-Stausee ihren Weg Richtung Westen und fraßen sich dabei tief in die lehmigen Grundmoränenlagen vorangegangener Eiszeiten ein.

Die beständige Abnahme des Gewichtes der auflagernden Eismassen führte schließlich zu tektonischen Gegenbewegungen. Große Landstriche hoben sich, andere senkten sich ab, was schließlich zur Umkehr der Fließrichtung der Peene führte. Der Fluss begann, in seine heutige Richtung nach Osten abzufließen.

Diese Entwicklungsgeschichte ist die Ursache für das äußerst geringe Gefälle der Peene. Bis heute fließt die Peene häufig fast gar nicht bzw. sogar in Richtung Westen. Man spricht von einem stark rückstaubeeinflussten, quasi stehenden Gewässer. Und solche Gewässer verlandeten ab dem Boreal bzw. im Atlantikum vor ca. 8.000 Jahren.

Verlandungsmoore wuchsen auf, die sich nur wenige Dezimeter über das Flussniveau hinaus erhoben. Das Torfwachstum in Form der Durchströmungsmoore setzte erst mit Beginn des Subboreals (vor ca. 5.000 Jahren) ein, als im Gefolge des Eisrückzuges der in Norddeutschland vorherrschende Charakter der Kältesteppe mehr und mehr verloren ging. Die erhöhten Niederschläge bewirkten eine erheblich verstärkte Zufuhr von Grundwasser in die Flusstäler, das sich dort an den Torfkörpern der Verlandungsmoore aufstaute. In der Folge wuchsen Durchströmungsmoore über den primär vorhandenen Verlandungsmooren auf. Durchströmungsmoore werden von Grundwasser gespeist, das sich an den aufwachsenden Torfen immer weiter aufstaut und gelegentlich sogar an den Talrändern quellig austritt. So entstand im Peenetal ein typisches Flusstalmoor mit Quellmooren an den Talrändern, flusswärts anschließenden Durchströmungsmooren und Überflutungsmooren in Fluss- bzw. Küstennähe.

Über Jahrhunderte hinweg wurden im Peenetal Fischerei, Wiesen- und Weidewirtschaft sowie Torfabbau betrieben. Art und Intensität der landwirtschaftlichen Nutzung hingen immer ab von den jeweiligen technischen Möglichkeiten der Beherrschung der Fluss- und Grundwasserstände. Die landwirtschaftliche Nutzung blieb daher bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts vergleichsweise gering. Bis 1900 hatte die Brenntorfgewinnung zeitweilig sogar größere Bedeutung als die landwirtschaftliche Nutzung. Eine regelmäßige und rein extensive Nutzung erfolgte nur auf einem kleineren Teil der Flächen, andere Flächen wurden nicht oder nur sporadisch bewirtschaftet. Entwässerungen fanden nur in kleinem Maße und nur oberflächlich statt.

 

Umfangreichere Entwässerungsmaßnahmen erfolgten erstmals zwischen 1835 und 1865, danach aber in schneller Folge.

Von 1920 bis 1939 kam es zu planmäßigen und großflächigen Meliorationen. In dieser Zeit erreichte die Grünlandnutzung im Peenetal ihre größte Flächenausdehnung; 70 % der Niederung unterlagen einer bäuerlichen Bewirtschaftung.

Ab Mitte der 1960er Jahre wurden weitere Schöpfwerke und Deiche errichtet. Die letzten großen Entwässerungsmaßnahmen erfolgten Ende der 1970er und in den 1980er Jahren im Zuge der Einführung der sogenannten industriemäßigen Produktion. Diese war gekennzeichnet durch mehrschnittige Mahd zur Herstellung von Silage und Heu, verbunden mit dem Einsatz von Mineraldüngern, Umbruch und Neuansaaten produktiver Kulturgrasgemische unter massivem Einsatz von Bioziden.

Die Folgen für das Peenetal waren verheerend. Der entwässerte Torfkörper schrumpfte, verlor an Höhe sowie teilweise seine Wasserleitfähigkeit. Enorme Mengen an Nährstoffen und Treibhausgasen wurden freigesetzt; schädigten die Gewässer und die Atmosphäre. Anfang der 1990er Jahre war die einzigartige naturräumliche Ausstattung des Peenetals in großen Teilen gefährdet.

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Pflegefläche mit Schafen

Zu Beginn der 1990er Jahre war mehr als die Hälfte des Peenetals von naturfernen Vegetationsformen bedeckt. Viele der ehemals landschaftsprägenden Moorpflanzen und –tiere waren auf diesen Standorten verschwunden. Stattdessen dominierten intensiv bewirtschaftete, extrem artenarme Saatgrasländer sowie Wald- und Gebüschformationen.

Der Torfkörper war stark geschädigt und nur noch eingeschränkt wasserleitfähig. Die wasserwirtschaftliche Unterhaltung der genutzten Moorflächen wurde deshalb immer teurer, während gleichzeitig die landwirtschaftlichen Erträge auf diesen Flächen sanken.

Andererseits gab es in der Peeneniederung aber auch noch intakte Moorflächen, denen nicht nur bundes-,  sondern sogar europaweite Bedeutung zukam. So war das Potential für eine erfolgreiche Renaturierung immer noch vorhanden. Deshalb wurde zwischen 1992 und 2009 im Peenetal ein Naturschutzgroßprojekt mit gesamtstaatlich repräsentativer Bedeutung durchgeführt. Träger des Projektes war der Zweckverband „Peenetal-Landschaft“, dem die damaligen Landkreise Demmin und Ostvorpommern, die Städte Demmin, Loitz, Jarmen, Gützkow und Anklam sowie der Förderverein „Naturschutz im Peenetal e. V.“ als Mitglieder angehörten.

 

Im Zuge dieses Projektes wurden im Peenetal bisher 8.685Niedermoor hydrologisch saniert; für weitere 1.245 ha ist dies in Vorbereitung. Durch die großflächigen Vernässungen, die hier ökosystemare Wirkung entfalten, wird die Verbuschung zugunsten der Offenstandorte aufgehalten und teilweise zurückgedrängt. Auf 2.350 ha wurde eine naturschutzgerechte landwirtschaftliche Nutzung vertraglich verankert.

Diese Maßnahmen, flankiert von zahlreichen Optimierungsmaßnahmen, führten vielfach zur Wiederansiedlung bzw. Ausbreitung der spezifischen Flora und Fauna des Flusstalmoores, darunter viele hochgefährdete Arten, von denen einige noch vor wenigen Jahren als verschollen galten.

 

Im Ergebnis des Naturschutzgroßprojektes sollte die gesamte Peeneniederung mit ca. 20.000 ha Fläche als Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Mit der Ausweisung der Naturschutzgebiete “Peenetal von Salem bis Jarmen” und “Peenetal von Jarmen bis Anklam” ist dies bereits für ¾ des Gebietes geschehen. Der Bereich östlich von Anklam wird folgen.

 

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Renaturierungsfläche Rosenhagen-Bugewitz